Ein Blick in das Müllheizkraftwerk Burgkirchen, wo auch viel Energie erzeugt wird
Artikel im Alt-/Neuöttinger Anzeiger vom 05.12.2023
Die riesige Greifzange fährt nach unten und vergräbt ihre sechs Arme tief im meterhohen Müllberg. Der Anlagenfahrer bewegt die Hebel, zieht die Greifzange dadurch wieder nach oben und schüttet den Müll schließlich in einen der beiden großen Trichter.
Etwa viermal pro Stunde wiederholt er diesen Vorgang. Das mag wenig erscheinen, doch die Greifzange kann mit einem Mal bis zu fünf Tonnen Gewicht heben. Innerhalb eines Tages werden so 700 Tonnen Müll in die zwei Öfen des Müllheizkraftwerks Burgkirchen geschüttet.
Das Kraftwerk befindet sich direkt neben dem Werk Gendorf und verbrennt den Müll aus sieben Landkreisen: Altötting, Mühldorf, Rosenheim, Traunstein, Berchtesgadener Land, Rottal-Inn und Dingolfing. Diese Landkreise haben sich zum Zweckverband Abfallverwertung Südostbayern (ZAS) zusammengeschlossen. Der Landkreis Altötting liegt sehr zentral in diesem Gebiet, weshalb 1994 in Burgkirchen das Müllheizkraftwerk errichtet wurde.
Müllheizkraftwerk ist auch beliebtes Ausflugsziel
Das Müllheizkraftwerk ist auch ein beliebter Ort für Ausflüge. „Uns besuchen etwa 100 Schulklassen und 30 Erwachsenen-Gruppen jedes Jahr“, sagt Möbus, der unter anderem für die Öffentlichkeitsarbeit des Zweckverbands Abfallverwertung Südostbayern zuständig ist. Bei den Führungen öffnen sich die Türen und Tore des Werks, die eigentlich außenstehenden Personen verschlossen bleiben. Dann erfahren die Besucher, was mit ihrem Müll passiert, nachdem er von der Müllabfuhr abgeholt wurde.
Ankommende Müllfahrzeuge werden zuerst gewogen und auf Radioaktivität gescannt. Dann fahren sie zu einem der beiden Tore und kippen ihren Müll über ein Rampe in den 16 Meter tiefen und 38 Meter hohen Müllbunker. Dort ist der einzige Ort auf dem Kraftwerksgelände, an dem es ein bisschen unangenehm riecht. Nur wenige Meter entfernt gräbt die Greifzange im Müll. Von dort aus wirkt sie noch größer und gefährlicher als von der Steuerzentrale aus. Immer wieder kommt sie von oben herunter und packt den gerade eben hineingeworfenen Müll.
Müll verbrennt bei 1000 Grad
Der Großteil des Abfalls besteht aus Hausmüll, der sehr gut brennt. Der Rest ist Gewerbemüll, der nicht so gut brennt. Deswegen müssen die Anlagenfahrer den Müll stets gut durchmischen. Denn die beiden Öfen halten sich mit dem hineingeworfenen Unrat selbst am Laufen. Wenn diese ausgehen, muss das ganze Kraftwerk heruntergefahren werden. Über die Weihnachtsfeiertage wird einige Zeit am Stück kein neuer Müll angeliefert, deswegen muss der Bunker bis dahin gut gefüllt sein, damit das Kraftwerk nicht abgeschalten werden muss.
Ist der Müll durch den Trichter im Ofen gelandet, fällt er langsam – der Müll braucht etwa eine Stunde durch den kompletten Ofen – über die Roste nach unten und verbrennt nach und nach bei 1000 Grad. Durch ein kleines Fenster, das zum Großteil mit Ruß bedeckt ist, sieht man schemenhaft die Flammen lodern.
Etwa zehn Prozent des Mülls bleibt am Ende übrig, das meiste davon sind Metalle oder Mineralien, die erst bei wesentlich höheren Temperaturen verbrennen. „Wenn man lange genug sucht, findet man alle möglichen Dinge“, sagt Möbus und zeigt auf einen großen Berg mit grau-braunen Überresten. In einer Vitrine im Foyer des Verwaltungsgebäudes sind einige der Fundstücke ausgestellt: Handgranaten, Pistolen und ein Bayern-Wappen.
Überreste kommen nach Kehlheim
Die Überreste kommen nach Kehlheim, die metallenen Bestandteile werden dort recycelt. Was dann noch übrig bleibt, ist Schlacke, die unter anderem im Straßen- oder Bergbau eingesetzt wird. Schächte werden zum Beispiel damit gefüllt, damit diese nicht einstürzen.
Nur der Abfall aus dem Landkreis Altötting liefern die Müllfahrzeuge direkt an die Verbrennungsanlage. Aus den umliegenden Landkreisen kommt er über Schienen nach Burgkirchen. Auf den zylinderförmigen, grünen Waggons stehen Sprüche wie „Bahn frei für Ihren Müll“ oder „Heute Müll – Morgen Energie“. Energie? Richtig gelesen, denn das Müllheizkraftwerk erzeugt Strom und Wärme.
40000 Haushalte werden mit Strom versorgt
Mit der bei Verbrennungen entstandenen Wärme wird 400 Grad heißer Dampf erzeugt. Ein Teil davon wird direkt an den Chemiepark Gendorf und die Gemeinde Burgkirchen abgegeben; das Freibad wird zum Beispiel damit beheizt. Auch das Gewächshaus des Gemüsebaus Steiner bei Emmerting und bald auch die Gemeinde selbst versorgt das Kraftwerk mit Fernwärme. Mit dem größten Teil der Dämpfe werden jedoch zwei Turbinen angetrieben, die damit Strom für 40000 Haushalte erzeugen können. Der Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist.
Natürlich entsteht bei der Verbrennung auch jede Menge giftiger Rauch. Bevor dieser die beiden großen, weißen Schornsteine am hinteren Ende des Kraftwerks verlässt, wird er aufwendig gereinigt. Die Anlagen dafür nehmen über die Hälfte des gesamten Kraftwerkkomplexes ein. Vier Stationen – einen Elektrofilter, Rauchgaswäscher, Katalysator und Aktivkohlefilter – müssen die Abgase passieren. „Wir haben hier sehr strenge Vorgaben und die Emissionswerte sind sehr niedrig und weit unter den gesetzlichen Vorgaben“, erklärt Rolf Möbus. Im Vergleich mit 25 anderen Müllverbrennungsanlagen in Deutschland sei das Werk in Burgkirchen das sauberste.
Schadstoffe können eingesammelt werden
Im Teil des Gebäudes zur Rauchgasreinigung sieht es wesentlich anders aus, als im vorderen Teil der Müllverbrennung. Viele Rohre – manche nur wenige Zentimeter, andere mehrere Meter breit –, Ventile und Kessel gibt es hier. Immer wieder ist ein Krachen zu hören. Dann schlägt ein Hammer auf einen Filter, sodass die eingefangenen Schadstoffe herunterfallen und eingesammelt werden können.
Die Treppen entlang der Leitungen und Filteranlagen führen viele Etagen nach oben und mit jedem Stockwerk steigen die Temperaturen. Durch eine Tür geht es schließlich wieder in die Kälte und auf einen Balkon. Von dort aus überblickt man das Werk Gendorf und die dicken Rohre, welche die heißen Dämpfe in das benachbarte Industriegebiet leiten.